Die Französische Revolution | Jean Marie Collot d'Herbois
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Jean Marie Collot d'Herbois (1749 - 1796)


Gescheiterter Schauspieler, vollendeter Revolutionär


Jean Marie Collot dVor der Revolution war Collot ein relativ erfolgloser Schau­spieler. Als die Revolution ausbrach, bereiteten ihm die Straße und der Konvent eine neue Bühne mit unvergleich­licher Wirkung: Beim Sturm auf die Tuilerien und den Septembermorden spielte er herausragende Rollen, die ihm einen Namen machten und einen Sitz im Nationalkonvent einbrachten. Er war zusammen mit Billaud-Varenne der Vertreter der inoffizielle Vertreter der Pariser Sansculotten im Wohlfahrts­ausschuss. Sein größter Erfolg war die kreative Inszenierung der Massenmorde in Lyon. Die Bestrafung der konterrevolutionären Stadt war bei ihm in den denkbar besten Händen. Am 9. Thermidor jedoch schloss er sich dem Aufstand gegen Robespierre an: nicht um den Terror zu beenden, sondern weil er sich selbst auf der Anklageliste des vermeintlichen Diktators wähnte. Es nützte ihm aber nichts, denn seine Vergangenheit als einer der führenden Organisatoren des Terrors im Wohlfahrts­ausschuss holte ihn ein. Wegen der Morde in Lyon von den Thermidorianern zur Deportation verurteilt, raffte ihn zum Schluss das Tropenfieber Cayennes hin.


Jean Marie Collot d'Herbois…


Zitate

Es musste geschehen, dass die Regierung schlechter wurde, indem sie sich ihrer Mitglieder entblößte. Couthon ist fortwährend abwesend. Prieur de la Marne ist seit acht Monaten abwesend; Saint-André [Jeanbon] ist in Port-la-Montagne, Lindet ist in seinen Büros vergraben, Prieur de la Côte d'Or in den seinigen; ich war bei der Armee, und der Überrest, welcher die Autorität aller ausübte, scheint mir ihre Abwesenheit zu benutzen versucht haben.
Aus dem Manuskript von Saint-Just für seine Rede am 9. Thermidor, die er nicht mehr halten konnte (mit dem Überrest sind Barère, Billaud, Collot und Carnot gemeint)

Bürger, der Augenblick ist gekommen, um auf unserem Posten zu sterben!
Collot d'Herbois in seiner Funktion als Präsident des Nationalkonvents am 9. Thermidor, als die Nachricht hereinkam, dass sich Truppen der aufständischen Kommune auf den Konvent zubewegen.


Fundstellen

[…] in Lyon, wo Collot d'Herbois und Fouché jeweils schubweise morden lassen: An die zweitausend Verdächtige werden erschossen oder mit Kanonen zusammenkartätscht.
François Furet: Die Französische Revolution, S. 313

Während sich Couthon damit begnügte, einige Häuser an der Place Bellecour einreißen zu lassen, organisierten Collot d'Herbois und Fouché, die am 7. November [1793] eintrafen, die Repressionsmaßnahmen im großen Stil; eine Revolutionskommission trat an die Stelle der als zu nachgiebig beurteilten Volksjustizkommission und fällte 1667 Todesurteile; Gewehr- und Kartätschenfeuer ersetzten die zu langsame Guillotine.
Albert Soboul: Die Große Französische Revolution, S. 308 (über die Bestrafung der Stadt Lyon)

Er gehört zu den wildesten Anhängern des Bergs. Als Vertreter der Hébertistenpartei Mitglied des Wohlfahrts­ausschusses, verkörpert er dort gemeinsam mit Billaud-Varenne den extremsten Terrorismus. Neben ihm wirken Robespierre und Saint-Just maßvoll. Schroff, exaltiert, immer zu Ausbrüchen geneigt, besitzt Collot kein Gleichgewicht, und der Weinrausch vermehrt bei ihm oft die Trunkenheit des Blutes.
Octave Aubry: Die Französische Revolution II, S. 92

[Collot] stürzt sich auf Saint-Just, packt ihn am Ärmel und brüllt: Was schreibst du da? Du schreibst wohl die Anklageschrift gegen uns? Der Jüngling blickt den Rasenden sehr ruhig und freundlich an, zögert eine Weile und sagt dann: Ganz richtig, mein Lieber, das tue ich! Und zu Carnot gewandt fügt er hinzu: Auch dich habe ich nicht vergessen.
Friedrich Sieburg: Robespierre, S. 341 (über eine Szene im Wohlfahrts­ausschuss in der Nacht zum 9. Thermidor)


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